Die Existenz von Datenschutzbeauftragten ist heute nicht mehr wegzudenken. Insbesondere seit der Einführung der DSGVO ist der Bedarf an Datenschutzbeauftragten enorm gestiegen. Dadurch kommt es häufig vor, dass in Unternehmen intern Angestellte zum zertifizierten Datenschutzbeauftragten bestellt werden. Daher gibt es auch mehr Fälle, in denen ein Datenschutzbeauftragter zugleich auch Mitglied im Betriebsrat ist. Dies wiederum missfällt den Unternehmen, da sie Interessenkonflikte befürchten. Daher stellt sich nun die Frage, ob die Mitgliedschaft in einem Betriebsrat eine Abberufung als Datenschutzbeauftragter rechtfertigen kann.

Mit dieser Frage befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Bechluss vom 27.04.2021, Az. 9 AZR 383/19 und legte dem EuGH eine Frage zur Vorabentscheidung im Sinne des Art. 267 AEUV vor.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrates. Im Jahr 2015 wurde er zusätzlich zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten der Beklagten und drei weiteren Konzernunternehmen bestellt. Mit Inkrafttreten der DSGVO berief die Beklagte den Kläger jedoch wieder als Datenschutzbeauftragten ab.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass seine Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter aufgrund des Fehlens eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 BGB, fortbesteht. Das Sächsische Landesarbeitsgericht gab der Klage mit Urteil vom 19.08.2019 – 9 Sa 268/18 statt.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt.

 

Grund für das Ersuchen eines Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH

Der Grund für die Anfrage des BAG beim EuGH liegt darin, dass das BDSG und die DSGVO unterschiedliche Anforderungen an eine Abberufung eines Datenschutzbeauftragten stellen.

Während § 38 Abs.2 i. V. m. § 6 Abs.4 S.1 BDSG vorsieht, dass für die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorliegen muss, genügt für die Abberufung nach Art. 38 Abs.3 S.2 DSGVO nur der Grund der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten nicht. Demnach stellt sich die Frage, ob § 38 Abs.2 i.V.m. § 6 Abs.4 S.1 BDSG mit den strengeren Voraussetzungen noch unionsrechtskonform ist.

Weiterhin besteht die Frage, ob die Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2011, in der die Vereinbarkeit der Mitgliedschaft im Betriebsrat mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten festgestellt wurde, heute noch haltbar ist.

Da die Auslegung von unionsrechtlichen Vorschriften dem Gericht der Europäischen Union vorbehalten ist, hat das BAG den Weg des Vorabentscheidungsverfahrens gewählt. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird das Revisionsverfahren ausgesetzt.

 

Fazit

Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird mit großem Interesse erwartet.

Denn mit der Entscheidung über die Unionsrechtskonformität des § 38 Abs.2 i.V.m. § 6 Abs.4 S.1 BDSG gehen gleichzeitig weitere Fragen von erheblicher Bedeutung einher, wie zum Beispiel die Frage eines bestehenden Interessenkonflikts bei der parallelen Wahrnehmung der Mitgliedschaft im Betriebsrat und des Amtes des Datenschutzbeauftragten.

Da ein drohender Interessenkonflikt nicht abwegig erscheint, sollten Mitglieder des Betriebsrates nicht zeitgleich zum Datenschutzbeauftragten im eigenen Unternehmen bestellt werden.